06/06/2023

7 FRAGEN ZU ARBEITNEHMERVERTRETER IM AUFSICHTSRAT BZW. BESCHÄFTIGTENVERTRETER IM VERWALTUNGSRAT

Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsorgan stehen vor besonderen Herausforderungen und haben einen eigenen rechtlichen Status. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die Anforderungen, den rechtlichen Rahmen und die möglichen Konflikte, mit denen sie konfrontiert sind. Erfahren Sie mehr über die Freistellung von der Arbeitspflicht, Verschwiegenheitspflichten, Vergütung, Kündigungsschutz und Haftung. Tauchen Sie ein in die Welt der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsorgan und entdecken Sie, welche Bedeutung sie für Banken und Unternehmen haben.


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Was in allen Sparkassen fast der Standard ist, zieht in vielen Genossenschaftsbanken immer größere Kreise. Alle Sparkassen außerhalb von Bayerns haben nach den Landesgesetzen automatisch 1/3 Beschäftigtenvertreter. Alle andere Banken haben diese erst nach dem Mitbestimmungsgesetz (MitbestG) ab 500 Arbeitnehmern. Durch viele Fusionen haben immer mehr Institute solche Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat. Ich möchte Dir einige damit zusammenhängende Fragestellungen aufzeigen:

1. Welche Anforderungen werden an Arbeitnehmervertreter gestellt?

Unabhängig davon, welcher „Bank“ sie angehören (Arbeitnehmerseite oder Kapitaleignerseite), gelten für alle Mitglieder im Aufsichtsorgan die gleichen Anforderungen. Die Sparkassengesetze erwarten „sachkundige“ Bürger, das Aktienrecht erwartet „diejenigen Mindestkenntnisse und -fähigkeiten, die es braucht, um alle normalerweise anfallenden Geschäftsvorgänge auch ohne fremde Hilfe verstehen und sachgerecht beurteilen zu können“ (BGH Urteil 15.11.1982 – II ZR 27/82, Hertie).

Für Banken gilt zusätzlich der § 25 d Abs. 1 KWG, der Sachkunde, Zuverlässigkeit und ausreichende Zeit für die Wahrnehmung des Amtes verlangt.

2. Welchen Rechtlichen Status hat ein Arbeitnehmervertreter?

Neben dem Arbeitsverhältnis entsteht ein weiteres eigenständiges Rechtsverhältnis. Die organschaftliche Rechtsstellung richtet sich für Aufsichtsräte nach den aktienrechtlichen Vorschriften und dem MitbestG. Für Verwaltungsräte nach dem Sparkassengesetz.

Grundsätzlich bleiben die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis vollumfänglich bestehen. Die Pflichten aus der Mitgliedschaft im Aufsichtsorgan muss der Arbeitnehmer also außerhalb der Arbeitszeit erledigen, soweit ihm dies möglich und zumutbar ist.

Kommt es zu einer Kollision der Pflichten aus beiden Rechtsverhältnissen, so geht die Ausübung des Aufsichtsrats-/Verwaltungsratsamtes der Erfüllung der Arbeitspflicht vor. Begründet kann dies mit § 26 Satz 1 MitbestG werden, wonach Arbeitnehmervertreter in Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden dürfen (Benachteiligungsverbot).

3. Besteht ein Ansprucch auf entgeltliche Freistellung?

Der Arbeitgeber muss also zur Wahrnehmung der Aufsichtsratstätigkeit den Arbeitnehmervertreter von ihrer Arbeitspflicht freistellen. Wird dieser dann tatsächlich tätig, erfüllt er , da es sich um zwei getrennte Rechtsverhältnisse handelt, aber nicht seine Arbeitspflicht. Er verliert damit auch seinen Anspruch auf Vergütung seiner Arbeit.

Nach einer Mindermeinung soll dieser Anspruch nach analoger Anwendung von § 37 Abs. 2 BetrVG bestehen bleiben. Aber der Gesetzgeber hat für Arbeitnehmervertreter gerade keine Regelung zur Vergütung geschaffen, wie er es mit § 37 Abs. 2 BetrVG für Betriebsratsmitglieder getan hat. Daher kommt die herrschende Auffassung zu dem Urteil, dass eine (zusätzliche) Vergütung sogar eine unzulässige Besserstellung darstellen und gegen das im Mitbestimmungsrecht geltende Gleichbehandlungsgebot verstoßen würde.

Dennoch muss der Arbeitnehmervertreter für seine Tätigkeit im Aufsichtsorgan vergütet werden. Er erhält die Aufsichtsratsvergütung, die seinen Entgeltanspruch aus dem Arbeitsverhältnis verdrängt.

Achtung: Ist aber die Organvergütung nicht ausreichend (also bleibt Sie hinter dem Arbeitsentgelt zurück), dann bleibt der Entgeltanspruch aus dem Arbeitsverhältnis nach § 26 Satz 2 MitbestG bestehen. Sonst läge eine unzulässiger Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vor.

Also wenn die Vergütung (i.d.R. Sitzungsentschädigung) für die Sitzungszeit größer ist, als das entgangene Gehalt für die unbezahlte Freistellung für die Sitzungstätigkeit, dann wird der Arbeitnehmervertreter nicht benachteiligt.

4. Welche Geheimhaltungspflichten bestehen bei diesem Mehrfachmandat (Mitglied im Aufsichtsorgan & Betriebsrat/Personalrat)?

Nach der klaren Literaturmeinung trifft den Arbeitnehmervertreter eine umfassende Verschwiegenheitspflicht auch gegenüber der Belegschaft oder dem Personalrat/Betriebsrat:

Arbeitnehmer mit zwei Mandaten bringt diese „Chinesische Mauer“ mitunter in schwierige Situationen.

5. Welche Fortbildungsverpflichtungen treffen Arbeitnehmervertreter?

Die Professionalisierungsdebatte trifft auch die Arbeitnehmervertreter. Ein Schulungsanspruch wie für Betriebsräte besteht aus dem BetrVG für Arbeitnehmervertreter nicht. Die Aus- und Weiterbildungsverpflichtung von Aufsichtsräten und Verwaltungsräten besteht gesellschaftsrechtlich unabhängig welcher „Bank“ (Arbeitnehmerseite oder Kapitaleignerseite) das Organmitglied angehört.

Im Merkblatt für Aufsichtsorgane hat die BaFin die Fortbildungsverpflichtung aus der gesetzlichen Verankerung der Sachkunde hergeleitet. Dies trifft in vollen Umfang auch auf Arbeitnehmervertreter zu.

Von der Weiterbildungsverpfichtung ist die Frage der Übernahme der Kosten zu trennen. Im Gesellschaftsrecht sind die Kosten vom Mitglied selbst zu tragen, obwohl in der Praxis regelmäßig die Unternehmen dafür aufkommen.

Anders hingegen in § 25 d Abs. 5 KWG: Dort hat die BaFin die Banken jeweils dazu verpflichtet finanzielle und personelle Resourcen für die Aus- und Weiterbildung aller Organmitglieder aufzuwenden.

6. Besteht ein spezieller Kündigungsschutz?

Anders als für Betriebsratsmitglieder gibt es für die Aufsichtsratsmitglieder keinen Sonderkündigungsschutz. Dies erstaunt, ist vom Gesetzgeber aber gewollt.

Die Literatur behilft sich mit zwei Ansätzen:

  • Zum einen müsse ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot aus § 26 MitbestG geprüft werden, soweit es um eine Kündigung allein wegen der Stellung als Aufsichtsrat/Verwaltungsrat gehe. Eine Kündigung wegen Verletzung von Pflichten des Aufsichtsorgans ist daher nicht gerechtfertigt.
  • Andernfalls bei einer Kündigung wegen Verfehlungen als Arbeitnehmer ist dieser im Rahmen einer Interessenabwägung von § 1 KSchG zu seinen Gunsten zu berücksichtigen.

7. Welcher Haftung unterliegen Arbeitnehmervertreter?

Für Arbeitnehmervertreter greifen keine arbeitsrechtlichen Erleichterungen. Folglich gilt der Sorgfaltsmaßstab gem. § 34/41 GenG / § 116 AktG / Sparkassenrecht für alle Mitglieder im Aufsichtsorgan.

Aufsichtsräte haften für vorsätzlich sowie grob und leicht fahrlässige Pflichtverletzungen. Verwaltungsräte haben aufgrund ihrer ehrenamtlichen Stellung im Sparkassengesetz ein kleines Haftungsprivileg und haften nicht für leicht fahrlässige Pflichtverletzungen.

In der Praxis ist aber als absoluter Standard die D&O Versicherung anzutreffen. Das ohnehin in Banken mit Institutssicherung (aus Haftungsverbund der Sparkassen oder Institutssicherung der Sicherungseinrichtung) winzige Haftungsrisiko wird mittels dieser Versicherung abgeschirmt. Vorsätzliches Verhalten wird jedoch nicht geschützt.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass Arbeitnehmervertreter bei der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden dürfen. Sie sind von der Arbeitsleistung freizustellen, damit sie ihren Pflichten aus dem Aufsichtsorgan nachkommen müssen. Arbeitnehmervertreter, die gleichzeitig Betriebs- oder Personalratsmitglieder sind, dürfen ihr Wissen aus der Tätigkeit im Aufsichtsorgan grundsätzlich nicht in ihre Tätigkeit im Betriebsrat einbringen.

COLETTE STERNBERG

P.S. Wenn man eine Arbeit mag, dann ist es keine Arbeit (Harry Angstrom)

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