06/02/2023

RICHTIG ABGESTIMMT!

Beschlussfassungen im Aufsichts- und Verwaltungsrat werfen oft Fragen auf. In unserem neuen Blogartikel möchten wir daher ein Nachschlagewerk für Sie erstellen. Erfahren Sie, wie die Beschlussfähigkeit geregelt ist, was es mit der Unterscheidung zwischen Nichtteilnahme und Enthaltung auf sich hat und welche Auswirkungen dies auf die Haftung der Mitglieder hat. Zudem geben wir Tipps zur Protokollierung und ermutigen zu einer modernen Herangehensweise. Begleiten Sie uns auf diesem Weg zu klaren und rechtssicheren Beschlüssen!


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Das ist ein Klassiker in den Fragestellungen im Rahmen meiner Schulungen von Aufsichts- und Verwaltungsräten. Hier bestehen immer wieder Unsicherheiten und ich möchte heute mit diesem Blogartikel ein Nachschlagewerk für Dich schaffen.

Das Aufsichtsorgan handelt und entscheidet als Organ durch Beschlüsse. Diese Rechtsauffassung wird zwar nur im AktG (§ 108 Abs. 1) geregelt, gilt aber analog auch für Genossenschaftsbanken und Sparkassen. Die zur Beschlussfassung bestehenden Mehrheitserfordernisse regeln sich in den Satzungen der Genossenschaftsbanken oder auch in den einzelnen Sparkassengesetzen.

Meist ist die Beschlussfähigkeit durch Satzung oder im auch im Sparkassengesetz geregelt:

  • Bei Genossenschaftsbanken ist der Aufsichtsrat beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner Mitglieder mitwirkt.
  • Bei Sparkassen ist der Verwaltungsrat beschlussfähig, wenn der Vorsitzende und die Hälfte der Mitglieder anwesend sind.

Eine zentrale Bedeutung in diesem Zusammenhang ist die Unterscheidung zwischen Nichtteilnahme an der Beschlussfassung und der Stimmenthaltung.

Nimmt ein Mitglied an einer ordentlichen Sitzung (oder an einem Tagesordnungspunkt) nicht teil, ist das Gremium bei einem damit erreichten Unterschreiten der Mindestteilnehmerzahl nicht beschlussfähig. Eine Beschlussfassung kann dann nicht erfolgen.

Tipp: Es gehört in jedes ordentliche Protokoll, dass der Vorsitzende die Teilnehmer begrüßt und die Beschlussfähigkeit offiziell feststellt! Ich habe leider schon sehr pingelige Rechtspfleger am Genossenschaftsregister oder Richter im Gerichtsstreit erlebt, die ein Protokoll nur anerkannt haben, wenn schriftlich darin die Beschlussfähigkeit dokumentiert wurde.

Aus den Sorgfaltspflichten der Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsmitglieder ergeben sich Handlungspflichten wie die Teilnahme an der Sitzung. Ausnahmen ergeben sich bei einer objektiven Unmöglichkeit (z.B. wegen einer Erkrankung).

Ist das Mitglied bei einer ordentlichen Sitzung vertreten, trägt es zu Bestimmung der erforderlichen Mehrheit für das Beschlussverfahren bei. Am konkreten Einzelbeschluss muss das Mitglied aber selbst nicht teilnehmen. Dieser Fall ist die Enthaltung bei der Abstimmung.

Eine konkrete Beteiligung erfolgt mit der Abgabe der Ja- oder Nein-Stimme oder der Enthaltung („neutrale Stimmabgabe“).

Die Enthaltung wird nicht mitgezählt und ist ein „Nullum“. Eine Enthaltung kann sogar geboten sein, wenn es sich um persönliche (begrenzte) Interessenkonflikte handelt (z.B. der Organkreditbeschluss über das eigene Kreditengagement).

Aber eine gezielte Nichtteilnahme (Stimmenthaltung) kann eine Pflichtverletzung bedeuten. Diese hat sogar im Mannesmann-Fall im Jahr 2006 zu einer strafrechtlichen Würdigung als „Ja-Stimme“ geführt. Ein Aufsichtsratsmitglied hat durch seine Anwesenheit zur Beschlussfähigkeit mit drei Mitgliedern geführt, aber durch gezielte Enthaltung nicht verantwortlich sein wollen.

Die Mitglieder im Aufsichtsorgan werden also bestellt, um bei Bedarf Entscheidungen zu treffen und nicht, um Ihnen auszuweichen.


Für Enthaltungen müssen besondere Gründe vorliegen. Hier ist zu empfehlen die Gründe für die Enthaltung zu protokollieren. Insbesondere wenn diese aus Interessenkonflikten heraus erfolgt, dann sollte das Protokoll dies explizit auch festhalten. Tue Gutes und rede drüber!


In der Regel muss bei Entscheidungen in eigenen Angelegenheiten nicht nur eine Enthaltung erfolgen, sondern derjenige muss auch den Raum während der Beratung und Beschlussfassung verlassen. Ich empfehle hier keinen Schlendrian einkehren zu lassen. Wenn wirklich mal ein kritisches Kreditengagement bei einem Organmitglied beschlossen werden muss, dann kann nur offen diskutiert werden, wenn der Betroffene nicht anwesend ist.

Eine weitere Relevanz hat die Abstimmung für die Haftung der Mitglieder. Wenn Entscheidungen sich später als schädigend für die Bank herausstellen, dann haften grundsätzlich nur die tätigen Mitglieder, also diese, die am Beschluss mitgewirkt haben:

  • Die Ja-Stimmen sind unmittelbar am Beschluss tätig gewesen.
  • Die Enthaltung gilt als neutrale Stimme. Diejenigen haben also nichts unternommen, um den Beschluss zu verhindern und werden als tätige Mitglieder eingestuft.
  • Die Nein-Stimmen haben sich nur wirksam enthaftet, wenn sie alles zumutbare unternommen haben:
    1. Es ist Ihnen zuzumuten ganz klar mit NEIN zu stimmen.
    2. Weiterhin müssen sie alles unternehmen, um ihre (Minder-)Meinung hinreichend Aufmerksamkeit im Gremium zu verschaffen. Sie müssen also versuchen die Kollegen zu überzeugen, dass die Entscheidung für die Bank nicht gut ist.
    3. Beides muss protokollwirksam passieren, damit im Streitfall belegt werden kann, dass alles Zumutbare unternommen wurde.

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Generell gilt, dass Beschlüsse genau zu protokollieren sind. Entweder ist „einstimmig“ der Beschluss getroffen worden oder es müssen die exakte Anzahl der „ja“, „nein“ und „Enthaltungen“ notiert werden.

Es verlangt nur ein bißchen Übung hier sauber zu agieren. Häufig protokolliert man aber so, wie es schon „immer“ gemacht wurde. Hier ist Mut zur Modernisierung gefragt .?

COLETTE STERNBERG

P.S. Zu mancher richtigen Entscheidung kam es nur, weil der Weg zur falschen gerade nicht frei war. (Hans Krailsheimer)

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