Herausforderungen
In der vergangenen Woche hatte ich eine sehr nette Seminargruppe zur InstitutsVergütungsVerordnung in Stuttgart. Wir haben viel gelacht! Auf Anregung der lieben Kollegen habe ich diese Liste zusammengestellt. Und es sind sogar 10 Gründe herausgekommen. Die InstitutsVergütungsVerordnung (IVV) bietet für Berechnungstantiemen, also Vergütungen die an konkrete Vergütungsziele gekoppelt sind, viele Stolperstellen. Diese kosten vor allem Zeit!
Ich nenne die ermessensbasierte Zahlung daher auch InstitutsVergütungsVerordnung-Light, weil sie viele aufsichtsrechtliche Erleichterungen bietet. Natürlich nennt man die Ermessenszahlung auch „Nasenprämie“, weil sie ganz frei gewährt werden kann und der Mitarbeiter keinen Anspruch auf diese Zahlung hat. Betriebs- und Personalräte finden natürlich Vergütungsziele mit harten Ansprüchen für den Mitarbeiter besser, aber der Vorstand muss bewerten, ob diese Zahlungen wirklich die ganze Arbeit wert sind.
Auch zur Frage, ob man den Non-performer wirklich mit unseren überschaubaren variablen Anteilen zum performen bringt, hatten wir eine längere Diskussion mit ziemlich deutlichen Ergebnissen?
Vergütungsziele
Ich unterscheide sprachlich die Vergütungsziele von sonstigen Vertriebszielen.
- Vergütungsziele sind solche, die hart mit der Vergütung verdrahtet sind. Der Mitarbeiter hat bei Zielerreichung einen Anspruch auf die Vergütung.
- Vertriebsziele sind immer möglich. Hier wird der Mitarbeiter auch hinsichtlich der Zielerreichung überwacht, gelobt oder kritisiert, aber nicht explizit dafür vergütet.
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Die 10 Gründe - Liste
Folgende Erleichterungen bestehen bei reinen ermessensbasierten variablen Vergütungen:
- Nach § 25 d Abs. 8 KWG muss der Aufsichts-/Verwaltungsrat alle Anreize, die durch das Vergütungssystem gesetzt werden, daraufhin überprüfen ob die Risiko-, Kapital- und Liquiditätsstruktur berücksichtigt wird. Bei einer reinen Ermessenszahlung erfolgt für diesen Tagesordnungspunkt eine Fehlanzeige, weil keine Anreize gesetzt werden.
- Nach § 25 d Abs. 12 KWG muss der AR/VR weiterhin überprüfen, dass die Vergütungssysteme angemessen ausgestaltet sind. Bei einer reinen Ermessenszahlung muss der AR/VR viel weniger prüfen, weil er die Angemessenheit des Vergütungszielsystems hinsichtlich der Mitarbeiter (z.B. beim IR, Controller) nicht weiter überprüfen muss.
- Nach § 3 Abs. 3 IVV müssen die Kontrolleinheiten an der Ausgestaltung der Vergütungssystem beteiligt werden. Diese müssen die Ausgestaltung kennen (also auch eventuell vorhandene Vergütungsziele) und beurteilen, ob diese zu Anreizen führen, dass die Mitarbeiter gegen Regelungen und Gesetze verstoßen oder schon verstoßen haben. Bei Ermessenszahlungen gestalten sich diese Fragen viel einfacher.
- Nach § 4 IVV müssen die Ziele im Vergütungssystem auf die Erreichung der Ziele in der Geschäfts- und Risikostrategie ausgerichtet werden. Meistens lässt sich nur um drei Ecken ein Bezug zur Strategie herstellen. Ermessenszahlungen wären automatisch auf die Strategie ausgerichtet.
- Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 IVV muss bei gleichlautenden Vergütungszielen für Markt und Marktfolge darauf geachtet werden, dass diese keine Interessenkonflikte in den Kontrolleinheiten auslösen.
- Nach § 5 Abs. 1 Nr. 3-5 IVV werden alle Absatzziele in Bezug auf Verbraucherinteressen und WKR Kredite verteufelt. Auch der im Genoverbund übliche kundenorientierte Vergütungsvorbehalt wird der Intension des Gesetzgebers nicht gerecht, der diese Absatzziele gar nicht mehr sehen will. Daneben stellt die Überwachung der Einhaltung der Kundenorientierung eine weitere Arbeitsquelle dar, die bei einer Ermessenszahlung nicht nötig wäre.
- Nach § 7 IVV darf die Erdienung von variabler Vergütung nicht erfolgen, wenn die Bank zum Auszahlungszeitpunkt nicht genügend Ertragslage, Eigenkapital oder Risikotragfähigkeit hat. D.h. dass die variable Vergütung, die auf harten Vergütungszielen basiert, um eine Öffnungsklausel ergänzt werden muss, damit es der Bank überhaupt möglich ist die Zahlung trotz Zielerreichung zu verweigern. Bislang wurde immer nur ein Mindestbetriebsergebnis vorgesehen. Das ist aber nicht mehr ausreichend in einer Zeit in der die BaFin mit horrenden Kapitalzuschlägen um sich wirft. Die Verträge/Betriebsvereinbarungen mit einer Berechnungszahlung müssen an diese neuen Bedingungen angepasst werden.
- Nach § 8 IVV muss die Bank Compliance-Strukturen schaffe, damit keine Ergebnismanipulationen vorkommen. D.h. die Compliance-Stelle muss prüfen, ob die „angeblichen“ Zielerreichungsgrade, die zu einer Auszahlung von variabler Vergütung führen, wirklich erreicht wurden. Die neue Auslegungshilfe (hier unten) vom 15.02.2018 Seite 28 sagt klipp und klar.
- Nach der Auslegungshilfe zu § 9 IVV dürfen die Vergütungsziele der Kontrolleinheiten (Marktfolge, Controlling, Compliance, IR, Personal) nicht mehr ausschließlich auf marktorientierten Geschäftszielen (Erträge (= Betriebsergebnis oder CIR), EK-Rendite, Kredit-/Bilanzzuwachs) beruhen, sondern sie müssen zum Teil auch auf Kontrollzielen (Kernkapitalquote, Quote notleidender Kredite, Quote Verwertung notleidender Kredite oder Revisionsfeststellungen) beruhen.
- Nach § 10 IVV braucht die Vorstandsvergütung als Berechnungstantieme eine mehrjährige Bemessungsgrundlage. Bei Ermessenszahlungen erübrigt sich dies.
Das ist die momentane Rechtslage, die sich aber in den vergangenen Jahren immer weiter zulasten der Vergütungsziele entwickelt hat. Ich vertrete daher die These, dass eine Bank mit Vergütungszielen immer wieder Anpassungen vornehmen muss, weil diese Entwicklung weiter gehen wird. Mit Ermessenszahlungen hätte man Ruhe.
So jetzt hast Du für die Entscheidung, ob Vergütungsziele oder Ermessenszahlungen eingesetzt werden sollen, alle nötigen aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen.
COLETTE STERNBERG
P.S. Zweifel rauben uns, was wir gewinnen könnten, wenn wir nur einen Versuch wagen. (Shakespeare)