05/28/2023

VIEL ZU LESEN: DER NEUE BAFIN JAHRESBERICHT IST DA!

Der Jahresbericht der BaFin für 2022 wurde veröffentlicht und beleuchtet wichtige Entwicklungen und Maßnahmen. BaFin-Präsident Herr Branson betonte die aktuelle Vertrauenskrise in den Märkten und den weltweiten Stresstest des Finanzsystems. Die Modernisierung der BaFin umfasst unter anderem die Einführung der Fokusaufsicht und Taskforce, um kritische Risiken frühzeitig zu erkennen. Zudem wurden strenge Regeln für private Finanzgeschäfte von BaFin-Mitarbeitern eingeführt. Der Bericht enthält auch Informationen über Empfehlungen des Internationalen Währungsfonds und Hinweise auf Geldbußen und Prüfungen.


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BaFin 2022

Pünktlich Anfang Mai kommt alle Jahre wieder der neue Jahresbericht der BaFin heraus. Diesmal für das Jahr 2022. Der Bericht selbst hat wieder 112 Seiten, aber mit meiner Zusammenfassung hast Du Dir Zeit gespart.

Auch unter Herrn Branson hat sich dieses Ritual nicht geändert. Dazu gehört auch immer eine Jahrespressekonferenz in Bonn. Dort ging der neue BaFin Präsident behutsam auf die aktuelle Vertrauenskrise in den Märkten ein. Seit März würde das weltweite Finanzsystem eine Art Stresstest in Echtzeit durchleben. Dabei wäre eigentlich immer klar gewesen, dass der Ausstieg aus der Niedrigzinspolitik Turbulenzen auslösen würde. Trotzdem wurden einige Marktteilnehmer davon überrascht. 

Bis zum Beginn dieses Stresstest war Herr Branson eher ruppig in den Medien unterwegs und betonte immer wieder wieviel Kummer ihm die Banken machen würden. Hier z.B. ein Ausschnitt aus der FAZ:

Aber in Jahrespressekonferenz wurde dagegen betont, dass „bis jetzt sich das globale Finanzsystem aber als stabil erweist. Auch weil wir eine andere Regulierung hätten als vor der Krise 2007/2008.

Ob die Regulierung wirklich den Unterschied macht bezweifele ich. Auf den Großteil der Regulierung hätte man getrost verzichten können und dennoch keine Vertrauenskrise in den Märkten gesehen. Kleine seriöse Banken ohne Skandale mit einer umfassenden Institutssicherung führen zu einem ganz anderen Vertrauen, dass sich auch nicht von Entwicklungen in Nachbarländern erschüttern lässt.

Weiterhin berichtet er, dass weitere Lehren aus den vergangenen Monaten gezogen werden müssten:

Fokusaufsicht

Wenn wir jetzt in den Bericht selbst blicken, dann waren dort u.a. viele Ausführungen über die Modernisierung der BaFin zu finden. Er ist ja jetzt über ein Jahr im Amt und muss daher auch entsprechende Rechenschaft ablegen. Eine diese Neuerungen ist die sog. Fokusaufsicht und Taskforce

Aufgabe der Fokusaufsicht ist es, Unternehmen zu beaufsichtigen, die unter besonderer Beobachtung der BaFin stehen, etwa aufgrund eines „komplexen oder innovativen Geschäftsmodells“. Die Fokusaufsicht soll kritische Risiken frühzeitig identifizieren und entsprechend handeln. Insgesamt 20 Banken, Versicherer, Wertpapierhäuser und Zahlungsdienstleister wurden bis Ende 2022 überwacht.

Diese Fokusaufsicht konnte ich leider schon in der Praxis spüren. Leider gilt es auch als „komplex und innovativ“ wenn eine Bank in die Anlageklasse Immobilien im Direktbestand investiert hat. Das waren die ersten Opfer der Fokusaufsicht, wie Du dem Bericht vom 30.01.2023 entnehmen kannst:

Link: https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Meldung/2023/meldung_2023_01_30_Pruefungen_Immobilieneigenbestand.html

Für betroffene Banken bedeutet dies 6 Wochen lang von 6 BaFin-Wirtschaftsprüfern bzw. Forensikern Besuch zu bekommen, die gerade mal 5 fremdvermietete Objekte auseinander zunehmen. Für mich als Wirtschaftsprüferin waren die Prüfungsintensität völlig übertrieben, aber für Herrn Branson war dies so wichtig, dass die sinnlose Aktion sogar fortgesetzt werden soll. 

Taskforce

Aufgabe der Taskforce ist die Unterstützung der Fachaufsicht bei der Prüfung „auffälliger Sachverhalte“ durch schnelle Einsätze auch in den Unternehmen. Sie bezieht dabei Expertinnen und Experten aus sämtlichen Geschäftsbereichen der BaFin ein. Mit ihrer neuen Taskforce will die BaFin schnell vor Ort sein und prüfen können. Wenn notwendig, auch mit forensischen Mitteln. Im Jahr 2022 hatte die interdisziplinär agierende Einheit sieben „erfolgreiche“ Einsätze.

Das Spektrum der Einsätze im Jahr 2022 war laut Jahresbericht weit: Die Taskforce führte beispielsweise eine forensische Datensicherung durch, um Manipulationsvorwürfe eines Hinweisgebers zu überprüfen. Außerdem unterstützte die Taskforce die Staatsanwaltschaft bei einer Durchsuchung zum Vorwurf eines Kapitalanlagebetrugs. Ein anderes Mal trug die Taskforce im Rahmen eines Erlaubnisverfahrens zur Aufklärung externer Hinweise bei und unterstützte die Fachaufsicht mit ihrer Expertise in forensischer Befragungstechnik.

Zu dieser Einheit hatte ich noch keinen Berührungspunkt und vermute aber aus den Beschreibungen, dass die gleichen Wirtschaftsprüfer und Forensiker hier zum Einsatz kommen.

Ein weiterer Teil des Modernisierungsprogramms waren endlich vernünftige Regeln für private Finanzgeschäfte. Seit dem 1. September 2022 gelten für private Finanzgeschäfte von BaFin-Mitarbeitern Regeln, die laut Branson zu den strengsten weltweit gehören:

  • In Kombination mit dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz untersagt die neue Dienstanweisung BaFin-Beschäftigten den Handel von Finanzinstrumenten, die von beaufsichtigten Unternehmen ausgegeben werden, und den Handel von Finanzinstrumenten, die an einem inländischen organisierten Markt gehandelt werden.
  • Alle BaFin-Beschäftigten müssen sämtliche Finanzgeschäfte ab dem ersten Euro melden.
  • Ihnen ist grundsätzlich der Handel in Finanzinstrumenten mit Bezug zu sämtlichen in der Europäischen Union ansässigen Kreditinstituten, Versicherungsunternehmen und sonstigen Finanzinstituten verboten.
  • Für etwa 10 % der Mitarbeiter bestehen zusätzliche Einschränkungen.
  • Das Compliance-Team der BaFin prüft kontinuierlich, ob diese Regeln eingehalten werden.

Solche Regelungen sind faktisch der Standard der im WpHG seit Jahrzehnten uns gepredigt wird! Aber besser spät wie nie…..

Die BaFin wurde auch wieder einmal vom Internationalen Währungsfonds geprüft. Dieser prüft die Finanzstabilität und ausgewählte Aspekte der Aufsicht in den einzelnen Ländern. Diese Prüfungen finden üblicherweise im Turnus von fünf Jahren statt. Deutschland wurde in den Jahren 2021 und 2022 geprüft.

Der IWF richtete in seinem Bericht verschiedene Empfehlungen an die maßgeblichen Akteure, etwa die BaFin. Die Empfehlungen betrafen verschiedene Aufsichtsbereiche: So sollten Banken beispielsweise

  • ihre analytischen Fähigkeiten bei der Erkennung von Klimarisiken,
  • die Aufsicht über Kreditvergabestandards und
  • die Datenerhebung im Immobilienbereich verbessern.

Die BaFin setzt die Empfehlungen des IWF in der Regel um. Zumindest das Thema Erkennung von Klimarisiken ist ja schon sehr sehr deutlich in der anstehenden MaRisk Novelle zu spüren. Die Kreditvergabestandards werden seit rund einem Jahr in Meldungen erhoben, haben aber bislang zu keinen Rückmeldungen geführt. Eine Datenerhebung im Immobilienbereich ist zum Glück bisher noch nicht eingeführt worden.

Auch die internationalen Gremien wurden beleuchtet. Am bemerkenswerten war dort, dass an einer Eigenkapitalunterlegung von Kryptowerten gearbeitet wird:

Wer also sowas im Bestand haben sollte, muss neben der normalen Risikoaktivaunterlegung mit weiteren Anrechnungen als Marktrisiko rechnen.

Auch in 2022 gingen wieder sehr viele Hinweise von Whistleblowern bei der BaFin ein. Im Vorjahr stieg die Anzahl schon auf über 2000 Stück! Ich berichtete Dir hier im Blog die Entwicklung seit Einführung des Systems bei der BaFin: https://colettesternberg.blog/viel-zu-lesen-der-neue-bafin-jahresbericht-ist-da/

Zum Glück hat aber das exponentielle Wachstum der gegebenen Hinweise gestoppt, sondern es war sogar ein kleiner Rückgang auf 1.666 zu beobachten. Laut BaFin gab es 2022 – anders als im Vorjahr – keinen besonderen Einzelfall, der zu entsprechenden Masseneingaben führte. Immerhin 403 Meldungen betrafen den Bereich Bankenaufsicht. Tipps für Dich zu Deinem Hinweisgebersystem hatte ich Dir hier unter folgendem Link an die Hand gegeben: https://colettesternberg.blog/ezb-richtet-einen-whistleblower-channel-ein-wir-werfen-mal-eine-blick-rein/

Das Herr Branson bei den Geldbußen zugelegt hat, konnten wir schon zahlreich auf dem Pranger der BaFin finden. Über den Pranger und die Entwicklung bei den Geldbußen berichtete ich Dir hier im Blog schonmal ausführlich: https://colettesternberg.blog/branson-schlaegt-wieder-zu/

Nach 22,5 Mio.EUR in 2021 (davon im Bereich Bankenaufsicht/Geldwäsche 4,9 Mio.EUR) wurde die Summe auf 33.4 Mio.EUR in 2022 (davon im Bereich Bankenaufsicht/Geldwäsche 9,1 Mio.EUR).

Interessante Statistiken

Es sind in Deutschland neben den 22 SI (significant institution, Banken > 30 Mrd. EUR mit Ausnahme der Förderinstitute) noch 1.217 LSI (less significant institution)

Auch in 2022 konnte die BaFin keinen normalen Prüfungszyklus und nur rund 100 Sonderprüfungen durchführen. Bis zum 01.09.2022 war es den Sonderprüfern streng untersagt die Banken Vor-Ort aufzusuchen und daher fanden die Prüfungen vorwiegend im Off-Site-Modus statt. Eine aus meiner Sicht völlig übertriebene Covid-19-Pandemie-Politik der Bankenaufsicht. Digitale Prüfungen sind sehr anstrengend und aufwendig zu begleiten. Bei 1.217 LSIs und 100 Prüfungen kommen die Prüfungen deutlich seltener als alle 10 Jahre.

In den SREP Bewertungen wurden schon wieder weniger 1er SREP-Noten (= keine Risiken erkennbar) vergeben, dafür immer mehr die 3, die laut EBA-SREP-Leitlinie für „mittlere Risiken“ steht.

Sowohl Sparkassen als auch Genobanken wurden sehr wohlwollend in ihrem Geschäftsverlauf beurteilt. Übrig sind noch 361 Sparkassen und 733 Genossenschaftsbanke

Auch Geldwäscheprüfungen konnten Banken überraschen. Zuletzt konnte ich noch entnehmen, dass Herr Branson es geschafft hat seine 200 Neueinstellungen umzusetzen.


Mit 200 neuen Leuten an Bord sind selbstverständlich auch die Kosten der BaFin um 8 % gestiegen. Da diese per Umlageverfahren zu 46,3 % von Banken getragen werden, kommt auf uns eine Erhöhung der Umlage zu.

Jetzt bist Du auf dem aktuellen Stand und kannst einige Entwicklungen innerhalb der BaFin etwas besser einschätzen.

Mai 2023

COLETTE STERNBERG

P.S.: So viele Berichte. So viele Fragen. (Bertolt Brecht)

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