04/19/2023

WIE KANNST DU VERHINDERN, DASS DEINER VR-BANK DIE EIGENTÜMER WEGSTERBEN?

Genossenschaftsbanken sehen die Mitgliedschaft als strategisches Differenzierungsmerkmal, doch neue Kundenanforderungen erfordern eine Anpassung der Mitgliederförderung. Das veraltete Genossenschaftsgesetz erschwert einen Online-Abschluss, während Kündigungen und Todesfälle die Mitgliederbasis beeinflussen. Die angemessene Verzinsung der Geschäftsguthaben spielt eine entscheidende Rolle. Banken mit höheren Geschäftsguthaben sollten ihre Satzung überprüfen, um die Mitgliedschaft nach dem Tod eines Mitglieds zu erhalten. Erfahren Sie mehr in unserem Blogartikel.





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Am 07. März schreckte mich meine FAZ mit folgender Schlagzeile auf:

Die passende Statistik kann man sich online anschauen:

Seit dem diskutiere ich diese Schlagzeile in meinen Seminaren im Schloss in Montabaur und wir haben gemeinsam überlegt woran es liegen könnte. Der BVR sieht die Mitgliedschaft zu Recht als strategisches Differenzierungsmerkmal:

Die Mitgliedschaft ist das Merkmal, durch das sich die Genossenschaftsbanken von ihren Wettbewerbern aus anderen Bankengruppen differenzieren. Mit einer bankindividuell gestalteten Mitgliederförderung (Mitgliedermehrwerten) kann bei Mitgliedern und Kunden ein Bewusstsein für die Besonderheiten und Vorteile des genossenschaftlichen Geschäftsmodells geweckt und gleichzeitig die Bindung zu ihrer Bank erhöht werden. 

Doch die sich verändernden Kundenanforderungen machen auch an der Mitgliederwelt nicht halt. Eine rein auf die analoge Welt beschränkte Mitgliederförderung verschließt sich einer wachsenden zunehmend digital orientierten Zielgruppe und verspielt damit das Potenzial der Mitgliedschaft. 

bvr intern

Die passenden Unterstützungshandbücher und Leitfäden datieren allerdings aus 2018! Ich weiß, dass das Genossenschaftsgesetz nicht das modernste Gesetz ist, weil es u.a. verlangt, dass der Abschluss der Mitgliedschaft persönlich durch echte Unterschrift (also in sog. Schriftform) bestätigt wird:

Ein Online-Abschluss fällt daher momentan aus. Auch wenn sich vielleicht diese Gesetzeslage ändert, gehe ich davon aus, dass dies nicht alleine ausreichen wird um den Trend zu stoppen der vor 5 Jahren ja schon begonnen hat. Es ist also formal erschwert neue Mitglieder zu gewinnen. Daher muss Deine Bank sich intensiv um den Erhalt der vorhandenen Mitgliederbasis kümmern. Aus zwei Gründen entsteht ein Mitgliederschwund:

  1. Kündigung
  2. Tod

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Kündigungen kann Deine Bank vermindern, wenn u.a. die Verzinsung der Geschäftsguthaben stimmt. Durch die Zinswende entsteht auch ein Druck auf die Dividendenhöhe, die im Zuge der Niedrigzinsphase und insbesondere auch im Zuge der Corona-Krise in den meisten Genobanken abgesenkt wurde.

Leider habe ich in meiner Beratungspraxis die erste Bank in der Begleitung wo zahlreiche Kündigungen der Geschäftsguthaben zu einem höheren Rückgang des Kernkapitals geführt hat. Aufgrund der jährlichen Allgemeinverfügung für Geschäftsguthaben muss bei einem Rückgang > 0,5 % des Kernkapitals die BaFin 8 Wochen vor General-/Vertreterversammlung gefragt werden, ob die hohen Abflüsse auch an das bisherige Mitglied zurückgezahlt werden dürfen. Bisher hat die Aufsicht solche Genehmigungen eher problemlos erlaubt. Aber in meinem speziellen aktuellen Fall waren nicht die verstorbenen Mitglieder ursächlich, sondern es ist zu zahlreichen Kündigungen gekommen. In Kontaktaufnahmen wurde die Höhe der Dividende (bisher nur 2,0 %) als Grund für die Kündigung angegeben. Außerdem hat die Bank gleichzeitig hohe Eigenmittelanforderungen erhalten, die mit dem aktuellen Kapital nicht erfüllbar sind. Daher befürchte ich, dass die Genehmigung der BaFin vielleicht kein Selbstläufer wird….

Die betroffene Bank hat „höhervolumige“ Geschäftsguthaben pro Mitglied erlaubt und ich musste lernen, dass dies keine treuen Genossen, sondern eher kleine Kapitalanleger mit bis zu 40 TEUR Geschäftsguthaben sind, denen die 2,0 % Dividende nicht mehr ausreichen.

Daher mein dringender Tipp an alle Genobanken, die Geschäftsguthaben mehr als 10-20 TEUR pro Mitglied erlaubt haben: BITTE ÜBERWACHE ZEITNAH DEINE KÜNDIGUNGEN! Dann kannst Du rechtzeitig Gegensteuerungsmaßnahmen einleiten, bevor zu es Ungemach mit dem Bankaufseher kommt.

Die zweite Austrittsmöglichkeit der Mitglieder ist der Tod des Mitglieds. Allerdings besteht hier ein gewisses Gestaltungspotential in Deiner Bank. Momentan sieht die BVR Mustersatzung vor, dass der Tod die Mitgliedschaft beendet. ABER ein Blick ins GenG verrät, dass es auch anders geht:

Dieser Absatz 2 ist erst in 2006 ins GenG aufgenommen worden und Deine Satzung und auch die BVR Mustersatzung hat diese „Neuerung“ bis heute nur nicht aufgegriffen.

Quelle: Kommentar Genossenschaftsgesetz Lang/Weidmüller Seite 958

Die sog. unbefristete Mitgliedschaft kann durch Deine Satzung ermöglicht werden:

Ich habe dann mal im Internet recherchiert, ob ich nicht eine beispielhafte Satzungsregelung einer anderen Genossenschaft finden kann, die das schon umgesetzt hat und bin sogar direkt beim Verband der Regionen fündig geworden:

Ich gebe Dir mal die gesamte Unterlage zur Satzung weiter: 

Diese ist zwar für eine Bürgergenossenschaft erstellt worden, aber die Regelung ist auch auf eine Kreditgenossenschaft übertragbar.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die Erben eines verstorbenen Mitglieds überwiegend nicht nur die Geldkonten erben und behalten, sondern auch die Mitgliedschaft fortführen würden, wenn dieser Prozess nicht erschwert wird durch einen neuen Abschluss einer neuen Mitgliedschaft, sondern durch einfache Umschreibung.

Die Erhöhung der Geschäftsguthaben pro Mitglied ist eine Erscheinung die überwiegend in den letzten 3-5 Jahren Verbreitung gefunden hat, um einerseits die schnell steigenden aufsichtlichen Eigenkapitalanforderungen und andererseits das überdurchschnittliche Kreditwachstum zu finanzieren. Die meisten Genobanken kamen eher von einem einzigen Geschäftsanteil (ca. 50 Euro) und erlauben nun häufig auch 20 TEUR oder viel viel mehr.

Ich will das nicht verteufeln, ich bin sogar der festen Meinung, dass ein höheres Geschäftsguthaben auch ein spürbarer Mitgliedermehrwert darstellt. Aus der Dividende sollte sich man sich spürbar was leisten könnten. Wenn es auf 50 Euro 8 % Dividende gibt, dann kann ich mir nicht mal einen ordentlichen Starbucks Kaffee davon leisten. In Zeiten von 2 % Dividende würde ich persönlich das Geld eher direkt Spenden wollen…..

Da aber viele Banken höhere Anteile erlaubt haben, befürchte ich, dass in 20-30 Jahren, wenn diese neu gewonnenen Mitglieder gehäuft versterben, dass mit der bisherigen Satzung richtige große Erblasten auf die zukünftigen Vorstände bzw. Eigenkapitalsteuerung zu kommen.

Daher mein zweiter dringender Tipp an alle Genobanken, die Geschäftsguthaben mehr als 10-20 TEUR pro Mitglied erlaubt haben: BITTE PRÜFE, OB EINE SATZUNGSANPASSUNG NICHT SINNVOLL FÜR DEINE BANK IST.

Ich hoffe, dass ich vielleicht rechtzeitig vor der nächsten möglichen Satzungsanpassungsgelegenheit Dir einen hilfreichen Impuls an die Hand geben konnte.

April 2023

COLETTE STERNBERG

P.S.: Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde zu sein, muß man vom allem ein Schaf sein. (Albert Einstein)

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