02/20/2023

IDW POSITIONSPAPIER: KOMMUNIKATION VON PRÜFUNGSQUALITÄT ZUR UNTERSTÜTZUNG DES PRÜFUNGSAUSSCHUSS

Die regelmäßig erscheinenden IDW Positionspapiere erfreuen sich großer Beliebtheit aufgrund ihrer hilfreichen und verständlichen Inhalte für Aufsichtsräte und Verwaltungsräte. Heute möchte ich ein weiteres Positionspapier vorstellen, das sich mit der Qualität der Abschlussprüfung beschäftigt. Angesichts der gesetzlichen Verschärfungen durch das Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG) zeigt das IDW Positionspapier auf, wie ein Prüfungsausschuss die Prüfungsqualität effektiv überwachen kann. Es werden praktische Hinweise, Fragen und Informationsquellen präsentiert, um diese wichtige Aufgabe erfolgreich zu bewältigen.


0 Kommentare

IDW Positionspapier

Ich mag die IDW Positionspapiere, die in regelmäßigen Abständen erscheinen. Inhaltlich sind diese meist sehr hilfreich. Alle diese Positionspapiere richten sich an Aufsichtsräte / Verwaltungsräte und sind sehr verständlich geschrieben und geben nützliche praktische Hinweise.

Ich habe Dir hier im Blog schon zwei andere davon vorgestellt:

  1. IDW Positionspapier: So sieht eine gute Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Abschlussprüfer aus!
  2. IDW Positionspapier: Sustainable Finance = Erhebliche Auswirkungen auf Kreditinstitute

Heute widme ich mich einem Thema, dass uns der Gesetzgeber als Reaktion auf den Fall Wirecard in Gestalt des Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetzes (FISG) beschert hat. Diesen Komplex hatte ich auch schon mal hier im Blog beleuchtet (FISG: Wichtige Änderungen aus Sicht von Aufsichtsrat und Prüfungsausschuss ).

Unter anderen sollte die Qualität der Abschlussprüfung durch das FISG gestärkt werden. Dazu hat der Gesetzgeber für die Abschlussprüfung die Fragen der Unabhängigkeit sowie die Haftungsfragen geschärft.

Der Aufsichtsrat bzw. der Prüfungsausschuss des Aufsichtsrates einer Aktiengesellschaft hat nun nach § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG auch die Qualität der Abschlussprüfung zu überwachen. Für Aufsichtsräte von Genossenschaften oder Verwaltungsräte von Sparkassen bzw. deren Prüfungsausschüsse wurde diese Verschärfung nicht übernommen. Ob diese Diskrepanz zwischen Privatbank auf der einen Seite und Genossenschaftsbank/Sparkasse auf der anderen Seite so bleiben wir, müssen wir abwarten.

Auf jeden Fall fand ich die Verschärfung ganz schön heftig und überlegte schon eifrig wie ein Prüfungsausschuss dieser Aufgabe überhaupt gerecht werden kann.

Jetzt greift der IDW das Thema auf und zeigt wieder sehr anschaulich, dass ein Aufsichtsrat sich vor allem auf die Zuarbeiten konzentrieren und mit Stellung von kritischen Fragen seiner Aufgabe gerecht werden kann.

Zunächst klingt ja die „Überwachung der Qualität“ der Abschlussprüfung, als ob nur ein Wirtschaftsprüfer im Prüfungsausschuss, der selbst Prüfungen vornehmen kann, die Handlungen des Abschlussprüfers durch doppelte Prüfung kontrollieren soll. Aber dem ist zum Glück nicht so!

Das vorliegende Positionspapier will einen Diskussionsbeitrag aus Sicht des Berufsstands der Wirtschaftsprüfer dazu leisten, welche Qualitätsfaktoren von besonderer Bedeutung für die Beschreibung von Prüfungsqualität sind und wie diese Faktoren für die Kommunikation zwischen dem Abschlussprüfer und insbesondere dem Prüfungsausschuss handhabbar gemacht werden können.

Seminare buchen!

Die beste Weiterbildung für Ihren Sie. Schauen Sie sich jetzt unsere freien Termine an:

Informationsquellen

Zunächst stehen dem Prüfungsausschuss vier unterschiedliche Informationsquellen zur Verfügung:

  1. Die Kommunikation des Abschlussprüfers mit dem Aufsichtsorgan in allen Phasen der Abschlussprüfung ist ein wesentlicher Informationsbaustein.
  2. Neben den Informationen vom Abschlussprüfers gibt es grundsätzlich auch öffentlich verfügbare Informationen sowie
  3. eigene Beobachtungen und
  4. in anderem Kontext wahrgenommene Erfahrungsberichte über die Zusammenarbeit mit dem Abschlussprüfer und ermittelt die unternehmensintern wahrgenommene Prüfungsqualität.

Zu den Erfahrungsberichten gehören u.a. auch Auskünfte von Bankmitarbeitern. Hier hat das FISG ähnlich dem Bankenaufsichtsrecht Direktbefragungsrechte bei den Leitern der Zentralbereiche geschaffen.

Der IDW schreibt sehr deutlich:

„Das Aufsichtsorgan verdichtet und bewertet alle Informationen und leitet hieraus eine Gesamtbeurteilung her.“

Auch außerhalb des zu prüfenden Unternehmens haben insbesondere potentielle Mandanten und Kontrollinstanzen, wie externe Qualitätsprüfer (Prüfer für Qualitätskontrolle „Peer Reviewer“) sowie in Bezug auf Prüfungen von Unternehmen von öffentlichem Interesse (Public Interest Entities, PIE, alle Banken, Versicherungen und WP-Firmen) die Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS)) Informationsbedürfnisse hinsichtlich der Prüfungsqualität. D.h. die WP-Praxis wird von sich aus diverse Informationen bereitstellen:

Der Prüfungsausschuss kann Informationen über das Qualitätsmanagement-System bei WP-Praxen, die Abschlussprüfungen bei PIE (also bei Banken) durchführen, dem Transparenzbericht gemäß Art. 13 EU Abschlussprüferverordnung (EU-APrVO) entnehmen. Die Transparenzberichte können bspw. freiwillig um strukturierte Informationen zu Qualitätsfaktoren ergänzt werden. Dieser Bericht muss auf der Homepage des WPs veröffentlicht werden.

Was ist aber genau Prüfungsqualität?

Der IDW zitiert aus der Literatur folgende Merkmale:

  • die Fähigkeit des Abschlussprüfers, wesentliche falsche Darstellungen aufzudecken (Urteilsfähigkeit i.S. von Kompetenz, Erfahrungswissen und notwendigen organisatorischen Vorkehrungen),
  • eine sachgerechte Urteilsbildung im Sinne eines logischen und transparenten Urteilsprozesses unter Beachtung berufsständischer Normen und Standards, was gemäß dem risikobasierten Prüfungsansatz eine Fokussierung auf die bedeutsamen Fehlerrisiken impliziert und
  • eine von unsachgemäßen Erwägungen unbeeinflusste Urteilsbildung (Urteilsfreiheit i.S. von Unabhängigkeit, kritischer Grundhaltung, Objektivität und Weisungsungebundenheit).

Neben dieser Sicherstellung der Compliance gibt es weitere Erwartungen an den Abschlussprüfer, die wir unter Prüfungsqualität subsumieren würden:

  1. Leistung des Abschlussprüfers in Form von inhaltlichem Zusatznutzen sowie
  2. dessen Verhalten (Service-Level).

Beispiele für inhaltlichen Zusatznutzen:

  • Aufbereitung und Bereitstellung von im Rahmen der Abschlussprüfung analysierten Daten und ggf. Ergänzung um weitere Auswertungen
  • Durchführung von Benchmark-Analysen
  • Information von Aufsichtsrat, Geschäftsleitung und Mitarbeitern des Mandanten über aktuelle Entwicklungen in der Rechnungslegung und Prüfung

Beispiele für Erwartungen an das Service-Level:

  • Kurze Antwortzeiten der verantwortlichen Prüfungspartner
  • Termintreue in Bezug auf Sitzungen des Prüfers mit Aufstellern und Prüfungsausschuss
  • Effiziente Kommunikation im Rahmen eines über das gesamte Geschäftsjahr aufrechterhaltenen Dialogs über die berufsständischen Mindestanforderungen hinaus
  • Verständliche und rechtzeitige Anforderungen von Unterlagen im Rahmen eines effizienten Verfahrens

Um das alles hinzubekommen braucht es Qualitätsfaktoren in der WP-Praxis, die der Prüfungsausschuss gezielt hinterfragen sollte:

Genau diese Fragen werden jetzt vom IDW im Anhang des Positionspapiers aufgezeigt (dort mit ausführlichen Erläuterungen): down-positionspapier-komm-pruefungsqualitaet-data

Praxisbezogene Prüfungsqualitätsindikatoren:

  1. Eigentümer-/Gesellschafterstruktur der WP-Praxis
  2. Verantwortlichkeiten und Reporting-Strukturen für das Qualitätsmanagement- System in der WP-Praxis
  3. Im Vergütungssystem und der Personalentwicklung der WP-Praxis angelegte Anreize für die Fokussierung des Fachpersonals auf die Qualität der Dienstleistungen
  4. Umfang, Art und Inhalt der Kommunikation zu Qualitätsthemen innerhalb der WP-Praxis, insbesondere der anlassbezogenen Kommunikation der Praxisleitung
  5. Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung zum „Tone at the Top“ in Bezug auf die Bedeutung und Durchsetzung einer hohen Qualität der Dienstleistungen der WP-Praxis
  6. Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung zur Kultur des „Ansprechens von potentiellen Verstößen und kritischen Sachverhalten“
  7. Über das Hinweisgebersystem gemeldete Hinweise/Beschwerden zu Berufspflichtverletzungen
  8. Verhältnis von geplanter zu tatsächlicher Fluktuationsquote, ggf. nach Mitarbeitergruppen und nach Zeitraum der Zugehörigkeit zur WP-Praxis oder WP-Branche
  9. Durchschnittliche jährliche Stundenzahl und Teilnehmerquote verpflichtender Trainings des Fachpersonals zu Unabhängigkeitsregeln und zur Wahrung einer kritischen Grundhaltung
  10. Ergebnisse praxisinterner Unabhängigkeits- und Compliance-Reviews (z.B. im Rahmen der Nachschau) in Bezug auf festgestellte Verstöße gegen interne Unabhängigkeitsregelungen
  11. Art, Umfang und Inhalt sowie Teilnehmerquote von Pflichttrainings, in denen Inhalte zur Prüfung und Rechnungslegung vermittelt werden
  12. Durchschnittliche jährliche Trainingsstunden (Pflichttrainings und freiwillige Trainings) des Fachpersonals, in denen Inhalte zur Prüfung und Rechnungslegung vermittelt werden, ggf. aufgegliedert nach Qualifikationslevel
  13. Durchschnittliche relevante Berufserfahrung (in Jahren) des Fachpersonals, ggf. nach Qualifikationslevel
  14. Anzahl der Berufsangehörigen im Verhältnis zum gesamten Fachpersonal im Bereich Prüfung
  15. Anzahl aktueller Prüfungsmandate je Branche (ggf. aufgegliedert nach Größe oder Kapitalmarktorientierung der Mandanten) sowie Anteil an der Gesamtanzahl der Prüfungsmandate
  16. Angefallene Auftragsstunden eingesetzter Spezialisten, insgesamt und im Verhältnis zu den insgesamt angefallenen Auftragsstunden des Fachpersonals der WP-Praxis für Abschlussprüfungsaufträge
  17. Anzahl der durchgeführten Konsultationen in der WP-Praxis im Verhältnis zur Anzahl der durchgeführten Abschlussprüfungen
  18. Auslastungsquoten (geleistete Stunden im Verhältnis zur Normalarbeitszeit) des Fachpersonals, ggf. getrennt nach Berufsangehörigen und sonstigem Fachpersonal, in unterschiedlichen Zeiträumen innerhalb des Jahres (z.B. während der „busy season“)
  19. etc.

Auftragsbezogene Prüfungsqualitätsindikatoren:

  1. Tatsächliche Fluktuationsquote im Prüfungsteam, ggf. nach Mitarbeitergruppen

  2. Reaktionen des Prüfungsteams auf etwaige auftragsspezifische Gefährdungen der Unabhängigkeit oder der kritischen Grundhaltung

  3. Durchschnittliche jährliche Trainingsstunden der Mitglieder des Prüfungsteams in den letzten drei Jahren in Bezug auf Trainings (Pflichttrainings und freiwillige Trainings), in denen Inhalte zur Prüfung und Rechnungslegung vermittelt wurden, ggf. aufgegliedert nach Qualifikationslevel
  4. Universitätsabschlüsse, abgelegte Berufsexamina und weitere berufsbezogene Qualifikationen der Mitglieder des Prüfungsteams
  5. Durchschnittliche relevante Berufserfahrung (in Jahren) der Mitglieder des Prüfungsteams, ggf. nach Qualifikationslevel
  6. Anteil der Berufsangehörigen im Prüfungsteam
  7. Anzahl aktueller Prüfungsmandate in der Branche des Prüfungsmandanten
  8. …..
  9. Anzahl und Inhalt der Gespräche der verantwortlichen Prüfungspartner mit dem Aufsichtsorgan
  10. Anzahl und Inhalt der Gespräche der verantwortlichen Prüfungspartner mit dem CFO

Ich glaube diese Liste zeigt schon sehr gut auf wie diese kritischen Fragen im Prüfungsausschuss aussehen könnten.

Der vorstehende Prozess der Überwachung der Prüfungsqualität durch den Prüfungsausschuss ist ganz klar aufwendig, aber letztendlich kein Hexenwerk und auch von Nicht-Wirtschaftsprüfern zu leisten.

Mein klarer Tipp:

  • Hangele Dich Schritt für Schritt durch diesen Fragenkatalog und dokumentiere alle erlangten Informationen ausführlich im Protokoll.
  • Auch für die Auswahl des Abschlussprüfers, die bei einer Privatbank Aufgabe des Aufsichtsrates ist, bietet der Fragenkatalog sehr gute Ansätze.

Februar 2022

COLETTE STERNBERG

P.S. Prüfungen sind deshalb so scheußlich, weil der größte Trottel mehr fragen kann, als der klügste Mensch zu beantworten vermag. (Charles Caleb Colton)

Fragen Sie jetzt Ihr unverbindliches Erstgespräch an!

Klicken Sie auf den Button und füllen Sie das Kontaktformular aus. Wir werden wir uns umgehend telefonisch bei Ihnen melden und Sie zu Ihrem Anliegen befragen.

Wir können Sie bei den folgenden Themen beraten: Aufsichts- und Verwaltungratsarbeit, Umsetzung von BaFin-Merkblättern, Seminare für Ihren Aufsichts- und Verwaltungsräte und individuelles Coaching.